Geschichte Myanmars / Burmas
Myanmar ist ein Land in Südostasien und hat eine geschätzte Einwohnerzahl von 53.55 Millionen. (Statista 2021) Bis 1948 war es eine Britische Kolonie. 1962 gab es den ersten Militärputsch und 1995 wurde die Vorsitzende der demokratischen Bewegung, Aung San Suu Kyi, bis 2010 unter Arrest gestellt. Obwohl das Militär nicht immer regiert hat, war Myanmar doch seit die Kolonialherren das Land verlassen haben bis heute die meiste Zeit der Militärdiktatur unterworfen.
Trotzdem hat die demokratische Bewegung die Öffnung Myanmars 2012 erwirkt. Ein bürgerliches Parlament wurde eingerichtet und Aung San Suu Kyi wurde zum „de facto Regierungschef“. Nur de facto, weil es noch ein Gesetz der Junta gibt, demzufolge Menschen, deren Kinder eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzen, nicht offiziell Regierungschef werden können.
Aung San Suu Kyis Sohn hat die britische Staatsbürgerschaft, weswegen sie nicht Präsidentin werden konnte. Also sie aber im Februar 2021 wieder verhaftet wurde, war sie zu diesem Zeitpunkt seit 5 Jahren die de facto Staatschefin, obwohl Win Myint offiziell Präsident war.
Unbekümmert von der Tatsacher, dass es seit 2011 ein bürgerliches Parlament gab, behielt sich das Militär 25% der Sitze in diesem Parlament vor. Doch die Märkte begannen sich zu öffnen, z.B. im Telekommunikationsbereich, und die staatliches Kontrolle lies nach. 2012 wurde staatliches Zensur der Medien abgeschafft. (Jørgensen 2019)
Das Land ist in urbane und ländliche Regionen gespalten. Bevor sie die Region verließen, gründeten die britischen Kolonialherren „Burma“ und ethnische Gruppen, die vorher unabhängig waren, wurden Minderheiten im Staat Burma, dem sie plötzlich zugeordnet wurden. Die starken Spannungen zwischen Burmesen und „nich-burmesischen“ ethnischen Minderheiten nahmen auch durch die Reformen, die 2011 gestartet wurden, nicht ab. Es gab immer wieder bewaffnete Konflikte zwischen der burmesischen Mehrheit und den ethnischen Minderheiten, die hauptsächlich an den Grenzen Myanmars leben. (ibid.) Die bekannteste ethnische Gruppierung sind wohl die Rohingya: Viele von ihnen sind in den letzten Jahren nach Bangladesh geflogen und leben mittlerweile in großen Flüchtlingscamps in der Nähe von Cox’s Bazar.
Aktuelle Situation
Über 3,400 Tote, unzählige Verletzte und fast 22.000 Festnahmen, Verhaftungen oder Verurteilungen – das sind die Statistiken nach mehr als zwei Jahren Militärdiktatur in Myanmar. (AAPP 2023)
Nach den Wahlbetrugsvorwürfen im November 2020 gab es einen Militärputsch am 1. Februar 2021. Die Armee unter Kommandant Min Aung Hlaing sicherte sich die Kontrolle über alle Regierungszweige, verhaftete Aung San Suu Kyi und andere Mitglieder der bürgerlichen Regierung und verhängt den Notstand.
Einige Tage nach dem Coup gingen tausende Menschen auf die Straße, um gegen das Militär zu demonstrieren. In den Tagen danach breitete sich der Protest durch das ganze Land aus. Es gab Streiks bei der Bahn, im Gesundheits- und Bildungswesen, unter Mienen- und Textilarbeiter*innen, im öffentlichen Dienst, in der Logistik und bei vielen anderen Arbeitszweigen, die im März 2021 in einem Generalstreik kulminierten und aus dem mehrere Bewegungen wie das „Civil Disobedience Movement“ hervorgingen. (The Guardian 2021)
Die Arbeiter*innen wollten die Diktatur verunmöglichen. (Ratcliffe 2021) Da der Generalstreik die Junta nicht zur Kapitulation bewegte, wurde von einer breiten Gewerkschaftsallianz in Myanmar dazu aufgerufen „umfassende ökonomische Sanktionen“ gegen das Land auszusprechen, um damit die Militärregierung auszubluten. (IndustriALL 2021) Besonders große Öl- und Gasfirmen sind dazu aufgerufen, ihre Investitionen in und ihren Handel mit Myanmar einzufrieren. (Justice for Myanmar 2021)
Innerhalb der ersten wochen waren Großdemonstrationen noch möglich. Der erste Demonstrierende wurde aber schon 3 Wochen nach dem Coup vom Militär erschossen. Es folgten häufigere Morde. Daher sind Großdemonstrationen mittlerweile nicht mehr möglich, aber der Protest wurde kreativer: Leute schlagen auf Töpfe, Pfannen und alles was Lärm maht und organisieren kleinere, schnellere Flashmobs. (The Guardian 2021)
Doch wenn man sie erwischt, fährt das Militär mit Vans in die Flashmobs, sie erschießen willkürlich Menschen auf der Straße und brennen sogar ganze Dörfer nieder.
Auch auf der anderen Seite wird Gewalt immer häufiger, viele Menschen gehen in den Untergrund. Aktivist*innen verstecken sich oder werden sogar Teil bewaffneter Gruppen wie den „People Defense Forces“. (ibid.) (The Straits Times 2021)
Und die bewaffneten Gruppen der ethnischen Minderheiten vernetzen sich immer mehr: Während bisher alle Gruppen nur für sich selbst gekämpft haben, verbünden sie sich nun untereinenader und auch mit den „People Defense Forces“.
Die Situation in Myanmar entwickelt sich zum Bürgerkrieg: Sexuelle Gewalt wird vom Militär als Waffe gegen die Bevölkerung und als Mittel zur Einschüchterung verwendet. Um die Bewegung zu verunsichern, werden sogar Kinder vor den Augen ihrer Eltern getötet. Immer wieder kappt die Junta auch das Internet, besonders in Regionen in denen die Proteste besonders stark werden. Da die wenigstens Menschen einen Festnetzanschluss haben, wird das mobile Netz manchmal für Wochen abgeschaltet. (Lau 2021) (Funakoshi/Januta 2021)
In einem Al Jazeera Artikel beschreibst die Autorin die Situation wie folgt: „Als Antwort auf den bewaffneten Widerstand hat das Tatmadaw wahllose Luft. und Bodenanschläge in zivilen Gegenden gestartet, womit sie seit dem Coup bereits 230.000 aus ihrer Heimat vertrieben haben. Sicherheitstruppen haben außerdem Häuser geplündert und abgebrannt, den Zugang für Hilfsgüter unterbunden, die Wasserzufuhr gedrosselt, Telekommunikationsnetze gekappt, Flüchtlingsunterkünfte bombadiert und Freiwillige, die für humanitäre Hilfe leisten wollten verhaftet und umgebracht.“ (Fishbein 2021)
Journalist*innen und Systemkritiker*innen werden weggesperrt, so wie das Beispiel des US-Journalisten Danny Fenster zeigt. Er wurde für über 6 Monate eingesperrt, mit der Hauptbegründung er habe „Dissens gegen das Militär ermutigt“. Er wurde zu 11 Jahren Haft verurteilt bevor er überraschend freigelassen wurde. Doch es gibt viele andere Journalist*innen und politische Gegner*innen, die weiterhin im Gefängnis sitzen und keien Chance haben freigelassen zu werden, weil sie nicht Staatsbürger*innen eines anderen Landes sind und deshalb nicht von Relevanz für internationale Beziehungen. (BBC 2021)
Quellen:
- AAPP (2023): Assistance Association for Political Prisoners. Assistance Association for Political Prisoners. https://aappb.org, 08.05.2023
- BBC (2021): Danny Fenster: US journalist freed from Myanmar jail. In: BBC News.
- Fishbein, Emily (2021): Myanmar military adopts ‘four cuts’ to stamp out coup opponents. https://www.aljazeera.com/news/2021/7/5/the-people-hate-them-more-indiscriminate-attacks-on-civilians, 31.01.2022
- Funakoshi, Minami/Januta, Andrea (2021): Myanmar’s internet suppression. Reuters. https://graphics.reuters.com/MYANMAR-POLITICS/INTERNET-RESTRICTION/rlgpdbreepo/, 02.08.2021
- IndustriALL (2021): IndustriALL supports campaign for comprehensive economic sanctions against Myanmar junta. IndustriALL. http://www.industriall-union.org/industriall-supports-campaign-for-comprehensive-economic-sanctions-against-myanmar-junta, 07.12.2021
- Jørgensen, Karen H. (2019): The Meaning of Internet Access in Myanmar
- Justice for Myanmar (2021): How oil and gas majors bankroll the Myanmar military regime | Justice For Myanmar. https://www.justiceformyanmar.org/stories/how-oil-and-gas-majors-bankroll-the-myanmar-military-regime, 07.12.2021
- Lau, Jessie (2021): Myanmar’s Women Are on the Front Lines Against the Junta. Foreign Policy. https://foreignpolicy.com/2021/03/12/myanmar-women-protest-junta-patriarchy-feminism/, 15.11.2021
- Ratcliffe, Rebecca (2021): Myanmar protesters hold general strike as crowds push for “five twos revolution.” In: The Guardian.
- Statista (2021): Myanmar – total population 2016-2026. Statista. https://www.statista.com/statistics/525781/total-population-of-myanmar/, 16.08.2021
- The Guardian (2021): The nights of pots and pans are back, on Myanmar’s fearful streets. In: The Guardian.
- The Straits Times (2021): Hundreds of Myanmar activists hold flash mob protest against military rule. In: The Straits Times.